Tango ist Passion, Verführung, Herausforderung und Improvisation, die dramatische Verschlingung zweier Körper in der gegenseitigen Umarmung.
„El tango argentino es un pensamiento triste que se puede bailar“ (Enrique S. Discépolo)
“Der Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann” (Enrique S. Discépolo)
“Tango Dancing: The vertical expression of a horizontal desire legalized by music.”(George Bernhard Shaw)
“Der Tango ist der vertikale Ausdruck eines horizontalen Verlangens.” (George Bernhard Shaw).
Die Geschichte des Tango
Die Geschichte des Tango beginnt in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Südamerika. In Buenos Aires und in Montevideo treffen die verschiedensten Völker und Kulturen aufeinander. Getrieben durch wirtschaftliche Not in ihren Heimatländern und durch ein groß angelegtes Einwanderungsprogramm der argentinischen Regierung angelockt, erreichen alleine zwischen 1880 und 1930 ca. 6 Mio. Neuankömmlinge, vor allem Italiener, Spanier aber auch Mitteleuropäer, darunter viele Juden, die Hafenstädte am Unterlauf des Río de la Plata. Zugleich scheitert die angekündigte Landreform am Widerstand der Landbarone, was die demographische Situation noch verschärft, denn zu den Einwanderern, denen es nicht gelingt im Hinterland Fuß zu fassen und die deshalb in die Hafenstädte zurückkehren, strömen nun auch noch abertausende von arbeitslosen Landarbeitern (peones) und Gauchos aus der Pampa. Und dort, wo viele Menschen auf engem Raum überleben müssen, herrscht Mangel an Arbeit, an Perspektiven und an Selbstverwirklichungsmöglichkeiten.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts tanzten Einwanderer wie Kreolen (Criollos) und Schwarze in den Tanzschulen, Kneipen, Tanzsälen und auf Tanzfesten aber auch auf der Straße Walzer, Polka, Mazurka und Habanera. Gleichfalls wichtig ist der Einfluss der Candombe, ein zeremonieller Tanz der schwarzen Sklaven, von der Candombe hat sich die Milonga entwickelt. Etwa um 1880 begann man in Buenos Aires auch zur Musik der einheimischen Milonga zu tanzen. Später verlangsamte sich die leichte, fröhliche Milonga zum ernsteren Tango, auch einige einflussreiche Kunstkritiker wie z.B. Vicente Rossi haben den Tango als eine Milonga mit „cortes und quebradas“ (mit Schnitten und Brüchen) gesehen, d.h. mit Tanzfiguren und ohne kontinuierlichen Fluss wie bei der Milonga. Anstatt anzüglicher Texte wurden die soziale Not und der Liebeskummer besungen. Kontrabass, Violine und Bandoneón (1840 aus der Konzertina entwickelt und wohl 1880 importiert) waren zunächst die Standardinstrumente der durch Kneipen, Tanzsäle und Straßen ziehenden Musiker. In den Hafenvierteln und Barrios (Vorstädte/Stadtteile) von Buenos Aires und Montevideo, in einem Milieu von Arbeitslosigkeit, Kleinkriminalität und Prostitution, wurde der Tango zum Ausdruck existentieller Not und menschlicher Einsamkeit. Wobei nicht vergessen werden darf, dass die ersten Tangos eher fröhliche Natur waren, mit der grossen Immigration Ende des 19. und anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Tango als Text trauriger. „Für den Tango existiert kein Volk als abstrakte Einheit oder als Ideal. Der Tango kennt nur den Menschen aus Fleisch und Blut“, schrieb José Gobello. In der argentinischen Oberschicht galten der neue Tanz und die Musik, aufgrund ihren Ursprungs in der Unterschicht und den Bordellen, zunächst als Ausdruck von Verkommenheit und Verarmung.
Erst am Anfang des 20. Jahrhunderts begann sich die wirtschaftliche Situation der breiten Masse in Argentinien langsam zu verbessern. Zugleich gelang dem Tango kurz vor dem Ersten Weltkrieg der Sprung über den Atlantik in die Salons und Bars von Paris, wo er schnell zum Modetanz avancierte. Da Paris in jener Zeit das Non plus ultra der Eleganz war, wurde der Tango auch im weiteren Europa bekannt und beliebt. Um diesen erotisch-wilden Tanz an europäische Bewegungskonzepte anzupassen entwickelten englische Tanzlehrer und Choreographen den europäischen Standardtanz Tango, der jetzt als Gesellschaftstanz zu den Turniertänzen gehört.
Mit der Akzeptanz in Paris – das auch für Buenos Aires als Vorbild galt – wurde der Tango von der Oberschicht der argentinischen Gesellschaft akzeptiert und es entwickelte sich das, was weltweit als »Tango Argentino« bekannt ist.